Am 5. Februar 1840 verschwinden in Damaskus ein katholischer Mönch und sein muslimischer Diener. Angeblich wurden sie zuletzt im jüdischen Viertel gesehen. Angeheizt vom französischen Konsul in Damaskus machen schnell Gerüchte die Runde, der Mönch und sein Diener seien zu rituellen Zwecken von Juden ermordet worden. Es kommt zu einer Hetzjagd und Verhaftungen, unter Folter werden falsche Geständnisse erzwungen. Das Geschehen weitet sich zu einer internationalen Affäre aus, die sich verschiedene Seiten machtpolitisch zu Nutze machen.
Kaum ein Ereignis verdeutlicht das ambivalente Verhältnis zwischen der muslimischen, christlichen und jüdischen Bevölkerung in Syrien so deutlich wie die sogenannte Damaskusaffäre. Bis heute ist sie ein Motiv in Filmen und Büchern und fester Bestandteil von antisemitischen Verschwörungserzählungen im arabischsprachigen Raum.
In diesem Workshop beschäftigen wir uns damit, wie die Damaskusaffäre historisch und im jüdisch-christlich-muslimischen Beziehungsgeflecht einzuordnen ist. Wir schauen uns die Positionen und Interessen verschiedener lokaler, nationaler und internationaler Akteur*innen sowie die damalige Berichterstattung an. Wer hat sich wie verhalten – und warum? Welche Interessen standen dahinter?
Dann fragen wir danach, wie die historischen Ereignisse heute erinnert und benutzt werden. Anhand von Ausschnitten aus Serien untersuchen wir, wie die Damaskusaffäre heute in populären Medien dargestellt wird.
Abschließend geht es darum, wie die Damaskusaffäre als Verschwörungserzählung für antisemitische Propaganda genutzt wird. Was können wir aus geschichtlichen Analysen über heutige Verschwörungserzählungen lernen und wie können wir diesen begegnen?
Der Workshop wird von Ansar Jasim und Tanja Lenuweit durchgeführt und ist Teil des Projekts Geschichte(n) und Perspektiven.